Erfahrungsbericht – «Wie ich eine vermeintlich schwächere Position in eine gestärkte Partnerschaft ummünzen konnte»

Autor:

Christian Gaschler

Veröffentlicht:

23.04.2016

Wer kennt das nicht: Ein wichtiger Key Account fordert urplötzlich eine drastische Preisreduktion. Einfach so, unpersönlich via Mail, ohne jede Gegenleistung! Doch auch darin steckt eine Chance, wie der Erfahrungsbericht von Christian Gaschler, GESIPA Blindniettechnik GmbH, zeigt. 

«Verhandlungspartner, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht scheinen, sind mir als Vertriebsmann immer wieder begegnet. Und obwohl mir bewusst ist, dass dies nichts mit mir persönlich zu tun hat, sondern vielfach mit klassischem Win-Lose-Gedankengut, stellten diese Situationen für mich immer wieder große Herausforderungen dar.

Eine Preisreduktion von 15 Prozent, einfach so

Aus heiterem Himmel forderte ein wichtiger Abnehmer aus der Transportbranche mit einem substanziellen Volumen, eine Preisreduktion in Höhe von 15 Prozent. Einzige Begründung: Dieses Entgegenkommen sei bei anderen Lieferanten allgemein üblich. Das klang nicht gerade überzeugend. Einen Moment lang fühlte ich mich wie vor den Kopf gestoßen. Und einen weiteren Moment später verstand ich auch wieso: Durch diese Forderung waren wir nicht mehr auf gleicher Augenhöhe. Durch das Zürcher Verhandlungsmodell® weiß ich heute, wie wichtig es ist, dieses in Geschäftsbeziehungen oft fehlende Gleichgewicht herzustellen. Meine Erfahrung zeigt, dass die Erfolgschancen dafür in einem persönlichen Gespräch weitaus höher sind.

Auf welcher Grundlage machen wir gemeinsam Geschäfte?

Ich habe meinem Kunden deshalb angeboten, die Forderung gemeinsam vor Ort zu besprechen. Statt direkt auf die geforderte Preisreduktion einzugehen, haben wir zunächst über unsere bisherige Zusammenarbeit gesprochen, insbesondere über die Basis, auf der wir unsere Zusammenarbeit gepflegt haben und weiterführen möchten. Im Kern ging es darum, eine Werteklärung herbeizuführen: Auf welcher Grundlage machen wir gemeinsam Geschäfte? Wir stellten fest, dass wir in vielem übereinstimmten. Und das genügte bereits, um die gleiche Augenhöhe wiederherzustellen.

Augenhöhe ermöglicht gegenseitiges Verständnis

Erst jetzt war ich auch in der Lage, mich auf die Situation meines Gegenübers einzulassen und diese besser zu verstehen. Die Transportbranche steht infolge der ausgeprägten Wettbewerbssituation unter massivem Preisdruck, wobei die Margen sehr niedrig sind, und jede Kostenersparnis zählt. Dieses Verständnis für die Sichtweise und die Interessen meines Verhandlungspartners milderten meinen anfänglichen Ärger deutlich. Hinzu kam, dass die Atmosphäre im persönlichen Gespräch viel angenehmer war als im schriftlichen Mailverkehr.

Verhandlungsmasse erhöhen und Win-Win-Situation schaffen

Meistens gibt es viel mehr zu verhandeln, als man zunächst annimmt. Der Verhandlungshorizont meines Gegenübers bewegte sich augenscheinlich zwischen 0 und 15 Prozent. Durch gemeinsame Überlegungen fanden wir eine Lösung, die für beide Seiten mehr Wert schuf. Wir handelten eine 2,5-prozentige Preisreduzierung auf ausgewählte Produkte aus plus zusätzlich kostenlose Schulungen. Im Gegenzug erhöhte mein Verhandlungspartner die Abnahmemenge. Einerseits durch ein neues Produkt, andererseits bestätigte er eine über 20 Prozent höhere Verbrauchsmenge bestehender Produkte für das Jahr 2016. Das klang insgesamt doch viel besser, als die anfänglich geforderten 15 Prozent ohne Gegenleistung. Durch die Klärung auf der Werteebene konnte im Gespräch ein für beide Seiten erfolgreicher Deal zu Stande kommen!»

Christian Gaschler, Head of BU Industrial Applications, GESIPA Blindniettechnik GmbH, D-Moerfelden-Walldorf

BULLINGER BRIEF ABONNIEREN

Ich möchte möchte gern über laufende Veranstaltungen informiert werden und Inputs zum Thema Verhandeln erhalten.

Folgen Sie uns auf