Einmal Paradies und zurück?

Autor:

Michael Bullinger

Veröffentlicht:

25.11.2021

Mit dem Zürcher Verhandlungsmodell® auf den Galapagos-Inseln

Als ich auf Galapagos an Land ging, zog ein Fregattvogel elegant über das Wasser, für einen Moment verdunkelte ein Schwarm Blaufusstölpel flatternd den Himmel, während sich auf dem Dock ein Seehund in der Sonne wärmte. Galapagos ist ein Paradies: Ein Archipel mit einer einzigartigen Biodiversität auf engstem Raum.

Als Charles Darwin 1835 die Inseln betrat, tätigte er die Beobachtungen, die ihm später die Basis für die Entwicklung der Evolutionstheorie lieferten. Früh wurde der Wert dieses einzigartigen Ökosystems erkannt: 1959 erklärte die ecuadorianische Regierung die Galapagosinseln zum Nationalpark.

Die von der UNESCO zum Weltnaturerbegebiet erklärten Galapagos-Inseln sehen sich heute mit folgenden Herausforderungen konfrontiert: Zuzug, Tourismus, Fischerei und Landwirtschaft sind eine Bedrohung für Flora und Fauna. 2019 wurde das Biosphärenreservat auf das umliegende Meeresgebiet ausgeweitet, was zu einer Entspannung und nachhaltigen Entwicklung führen soll, da Natur, Mensch und Wirtschaft so in einem Gesamtsystem betrachtet werden.

Eine Vielzahl von Beteiligten mit unterschiedlichen Interessen machen es nicht einfach, Lösungen zu finden, die für alle funktionieren: vom Umweltministerium und Tourismusunternehmen über Infrastruktur, Fischerei-Verband, Bildungsministerium und verschiedenen NGO’s bis zu Repräsentanten der Zivilgesellschaft und den nationalen und internationalen Universitäten.

«In der Forschung im Kontext Biodiversität werden viele Konflikte nur beschrieben und analysiert. Fast nie werden konkrete Handlungsanweisungen für die Verhandlung aufgezeigt», sagt Dr. Andrés Gerique von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. «Das will ich ändern.» Am Institut für Geografie wird untersucht, wie Konflikte im Kontext Biodiversität entschärft und nachhaltig gelöst werden können. Dafür eine Guideline zum Thema Konfliktlösung in Biosphärenreservaten zu entwickeln ist ein Ziel des Forschungsprojekts. Und zwar methodisch auf Basis des Zürcher Verhandlungsmodells.

Deshalb trafen sich auf den Galapagos-Inseln Vertreter aller Beteiligten Interessengruppen – zu einer reinen Methodenschulung zum Zürcher Verhandlungsmodell. Das schafft eine gemeinsame Haltung und Sprache, wie die Konflikte strukturiert, konstruktiv und lösungsorientiert zum Nutzen aller gelöst werden können.

«Im Biosphärenreservat Galapagos müssen wir täglich Natur, Mensch und Wirtschaft ausbalancieren. Das Training zum Zürcher Verhandlungsmodell gibt uns eine fundierte Methode an die Hand. Für Lösungen, die für Natur, Mensch und Wirtschaft funktionieren.» – María José Barragán Paladines, PhD., Wissenschaftsdirektorin der Charles Darwin Foundation

Dies war nicht nur das erste Mal, dass alle Beteiligten zusammenkamen und sich auf eine gemeinsame Vorgehensweise einliessen, sondern auch dass niemand die Runde vorzeitig verliess. Um alle Beteiligten aktiv einzubinden, wurde die Methodenschulung auf Spanisch durchgeführt.

Die Schulung fand im ältesten Gebäude der Charles Darwin Stiftung statt. Draussen war in den Seminarpausen die Brandung des nahen Meeres zu hören. Meerechsen lagen auf den Wegen in der Sonne, während Darwinfinken versuchten, uns die Pausenverpflegung streitig zu machen.

Als ich zehn Tage später die Galapagos-Inseln verliess, musste ich die Konflikte und Herausforderungen des Archipels dort lassen. Mit mir nahm ich Erinnerungen an liebenswürdige Menschen – und die Hoffnung, dass sie ihre Verhandlungen so gestalten können, dass das Paradies Galapagos und seine Biodiversität erhalten bleiben.

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